Samstag, 17. Mai 2014

Interview mit Anton Hofreiter, Bundesfraktionsvorsitzender der Grünen

Nachdem ich erst Mittwoch den Entschluss gefasst habe, den Grünen beizutreten, hatte ich direkt am Freitag die Gelegenheit mit einem der derzeit wichtigsten Politiker der Grünen zu reden. Anton Hofreiter, Bundesfraktionsvorsitzender der Grünen, unterstützte die Grünen in Flensburg bei ihrem Straßenwahlkampf für die Europawahl und war am 16.05.14 für ca. 1 ½ Stunden vor Ort um sich den Fragen der Bürger zu stellen. Ich nutzte die Zeit für ein kurzes Interview. Da das ganze mündlich geschah, gebe ich die Antworten zusammengefasst und mit eigener Meinung wieder.

Frage 1: Die erneuerbaren sind nicht nur ein wichtiger Zukunftsaspekt für Deutschland, sondern auch einer der Hauptaspekte der Grünen. Weshalb habe ich nur wenig Unterstützung für die Demos von Campact und Co. Von den Grünen erlebt?

Mit dieser ersten Frage habe ich Herrn Hofreiter, der mir auch direkt anbot ihn zu duzten, ein wenig überrumpelt. Er war der festen Meinung das die Bundeszentrale die Aktionen stark beworben hat und empfahl mir für handfestere Informationen mich an eben diese zu wenden. Er schien sich sehr sicher zu sein, weshalb ich es in Betracht ziehe, dass die Werbung vielleicht einfach nur nicht bei mir ankam.

Frage 2: Wie stellen sie sich den weiteren Weg vor, den die Grünen begehen sollten, um die Energiewende besonders im Bereich Wärme, Netzausbau und Systemintegration voranzubringen und was gedenken sie was im Bereich des Emissionshandels zu tun?

Diese Frage wurde mir teils schon in einem Gespräch mit einem Passanten beantwortet, an dem ich mich auch beteiligt habe, der wissen wollte warum er die Grünen wählen sollte und was es für einen Kosten Unterschied macht, weil doch die Energiewende soviel kostet. Grundsätzlich setzt Hofreiter dabei auf die Methoden, die auch jeder Fachmann ins Spiel bringt: Sanierung von Altbauten um die Wärmedämmung zu verbessern, einen Flexibilitätsmarkt aufbauen und hier vielleicht auch mit einem Prämienmodell zu arbeiten. Weiterhin würde er die Biogasanlagen um und aufrüsten, um sie ebenfalls als Mehrstündige Energiespeicher zu nutzen. (Mehr Infos dazu hier.) Auch, und das hat er mehrfach stark betont, setzt er auf eine stärkere Reduzierung der Kohleverstromung die er mit einem überarbeiteten, effektiveren Emissionshandel verbinden möchte. Es sind keine bahnbrechenden Vorschläge, aber das hätte mich auch überrascht. Wohl aber sind es die zwingend nötigen Änderungen, um voran zu kommen in der Energiewende.

Der Bloggschreiber, Marc-Andre Richter (links im Bild), zusammen mit Anton Hofreiter (rechts) in der Flensburger Fußgängerzone.

Frage 3: Haben sie konkrete Gedanken, wie man die Bürgerrechte und das einbringen der Bürger in die Politik stärken könnte und wenn ja, welche?

Grundlegend spricht sich Herr Hofreiter für eine stärkere Beteiligung von Bürgern an Entscheidungsprozessen aus. Er verwies hierbei auch auf die Initiative der Grünen, die sich dafür ausspricht diese Prozesse Transparenter zu machen und den Bürgern mehr Mitsprache Recht zu geben. Was mir nicht ganz so gut gefiel war die zwar vollkommen logische und nachvollziehbare Aussage, dass man nicht in jedem Fall eine Volksabstimmung durchführen könnte, schon aus Kosten und Aufwandsgründen. Mir gefiel daran nicht wie er es ausdrückte, denn das wirkte auf mich ein wenig so wie die Art von politischen Denken, die ich eben bei viele Politikern kritisiere. (siehe letzter Blogeintrag) Doch er meinte etwas das ich teile. Es sollte die Entscheide öfter geben, auf jeden Fall, aber an den richtigen Stellen. So sollten Bürger schon am Anfang als Beispiel entscheiden, ob der Schienen oder der Straßenverkehr stärker ausgebaut wird. Die Umsetzung geht danach vom Bund über Länder bis auf Regionalebene, wo dann wieder mit den Bürgern vor Ort geredet werden muss. Eine Volksabstimmung, bei der Norddeutsche über einen Schienenbau in Süddeutschland entscheiden, entbehrt für mich auch ein wenig dem Sinn.

Frage 4:Wie stehen sie zu der Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens?

Ohne zu zögern kam direkt die Antwort das er emotional dafür ist. Dann kam aber das große Aber. Und hier führte er nicht die Standartargumente wie Wirtschaft etc. an. Ihm ging es darum, dass er glaubt das durch ein bedingungsloses Grundeinkommen den wirklichen Sozialen Härtefälle, die bereits in der zweiten oder dritten Generation Arbeitslos sind, nicht zwangsläufig geholfen wird. Schon jetzt wird viel zu wenig für die Einbindung dieser Leute in die Gesellschaft getan und er befürchtet, dass diese dann gänzlich alleine gelassen werden. Er könnte sich daher ein Grundeinkommen gekoppelt mit Ehrenamtlichen Tätigkeiten etc. vorstellen. Ein Gedanke, der es Wert ist darüber Nachzudenken meiner Ansicht nach.

Frage 5: Der Standort Flensburg kann ab diesen Jahr mit dem Klimapakt, den ETA´s (Technischer Assistent für Elektromobilität) und dem starken Umwelt und Energiestudienprogramm an FH und Uni aufwarten. Inwieweit sollte dies vom Bund gewürdigt und weiter unterstützt werden?

An dieser Stelle gab es ein kleines Lob für Flensburg in seiner Antwort, was die zuhörenden Flensburger natürlich gerne gehört haben. Grundsätzlich setzt er hier auf eine Förderung von den ca. 100 vorbildlichsten Gemeinden, um auch einen Anreiz zu geben hier wirklich sinnvoll zu fördern anstatt jeder Gemeinde, die ein bisschen regenerative Energietechnik zubaut, zu fördern.

Letzte Frage: Gibt es konkrete Planungen der Grünen, ein Förderungssystem für die Erforschung von Energiespeichern wie z.B. den Lageenergiespeicher zu etablieren?

Grundsätzlich auf jeden Fall, so seine Antwort. Hier führte er auf, dass viele Anträge der Grünen zu diesem Thema und anderen von der Regierung abgeblockt wurden. Er hofft nun darauf, dass der Bundesrat der sich in Wirtschafts- und Umweltausschüssen überwiegend einig ist bei solchen Dingen, auch im Plenum dementsprechende Entwürfe durchsetzen kann um über den Bundesrat mit Albig, Kretschmann und Weil druck auf die Regierung auszuüben. Auch eine Verbindung mit dem Felxibilitätsmarkt brachte er hier zur Sprache.

Fazit: Natürlich blieben die meisten Antworten auf Gebieten, die man bei Verfolgung der aktuellen Politik erwarten konnte. Dennoch merkte man im Gespräch sehr gut, dass Herr Hofreiter hinter diesen Dingen auch steht und sie wirklich versucht umzusetzen. Man hat vielleicht nicht die Paradelösung, aber man arbeitet an Lösungen. Etwas das ich bei unserer Regierung seit Jahren nicht gesehen habe. Als Person war mir der Herr Hofreiter sehr sympathisch und ich hoffe ihn in meiner Politiklaufbahn noch das eine oder andere mal zu treffen.

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