Nachdem ich erst Mittwoch den
Entschluss gefasst habe, den Grünen beizutreten, hatte ich direkt am
Freitag die Gelegenheit mit einem der derzeit wichtigsten Politiker
der Grünen zu reden. Anton Hofreiter, Bundesfraktionsvorsitzender
der Grünen, unterstützte die Grünen in Flensburg bei ihrem
Straßenwahlkampf für die Europawahl und war am 16.05.14 für ca. 1
½ Stunden vor Ort um sich den Fragen der Bürger zu stellen. Ich
nutzte die Zeit für ein kurzes Interview. Da das ganze mündlich
geschah, gebe ich die Antworten zusammengefasst und mit eigener
Meinung wieder.
Frage 1: Die erneuerbaren sind nicht
nur ein wichtiger Zukunftsaspekt für Deutschland, sondern auch einer
der Hauptaspekte der Grünen. Weshalb habe ich nur wenig
Unterstützung für die Demos von Campact und Co. Von den Grünen
erlebt?
Mit dieser ersten Frage habe ich Herrn
Hofreiter, der mir auch direkt anbot ihn zu duzten, ein wenig
überrumpelt. Er war der festen Meinung das die Bundeszentrale die
Aktionen stark beworben hat und empfahl mir für handfestere
Informationen mich an eben diese zu wenden. Er schien sich sehr
sicher zu sein, weshalb ich es in Betracht ziehe, dass die Werbung
vielleicht einfach nur nicht bei mir ankam.
Frage 2: Wie stellen sie sich den
weiteren Weg vor, den die Grünen begehen sollten, um die
Energiewende besonders im Bereich Wärme, Netzausbau und
Systemintegration voranzubringen und was gedenken sie was im Bereich
des Emissionshandels zu tun?
Diese Frage wurde mir teils schon in
einem Gespräch mit einem Passanten beantwortet, an dem ich mich auch
beteiligt habe, der wissen wollte warum er die Grünen wählen sollte
und was es für einen Kosten Unterschied macht, weil doch die
Energiewende soviel kostet. Grundsätzlich setzt Hofreiter dabei auf
die Methoden, die auch jeder Fachmann ins Spiel bringt: Sanierung von
Altbauten um die Wärmedämmung zu verbessern, einen
Flexibilitätsmarkt aufbauen und hier vielleicht auch mit einem
Prämienmodell zu arbeiten. Weiterhin würde er die Biogasanlagen um
und aufrüsten, um sie ebenfalls als Mehrstündige Energiespeicher zu
nutzen. (Mehr Infos dazu hier.)
Auch, und das hat er mehrfach stark betont, setzt er auf eine
stärkere Reduzierung der Kohleverstromung die er mit einem
überarbeiteten, effektiveren Emissionshandel verbinden möchte. Es
sind keine bahnbrechenden Vorschläge, aber das hätte mich auch
überrascht. Wohl aber sind es die zwingend nötigen Änderungen, um
voran zu kommen in der Energiewende.
Der Bloggschreiber, Marc-Andre Richter (links im Bild), zusammen mit Anton Hofreiter (rechts) in der Flensburger Fußgängerzone.
Frage 3: Haben sie konkrete Gedanken,
wie man die Bürgerrechte und das einbringen der Bürger in die
Politik stärken könnte und wenn ja, welche?
Grundlegend spricht sich Herr Hofreiter
für eine stärkere Beteiligung von Bürgern an
Entscheidungsprozessen aus. Er verwies hierbei auch auf die
Initiative der Grünen, die sich dafür ausspricht diese Prozesse
Transparenter zu machen und den Bürgern mehr Mitsprache Recht zu
geben. Was mir nicht ganz so gut gefiel war die zwar vollkommen
logische und nachvollziehbare Aussage, dass man nicht in jedem Fall
eine Volksabstimmung durchführen könnte, schon aus Kosten und
Aufwandsgründen. Mir gefiel daran nicht wie er es ausdrückte, denn
das wirkte auf mich ein wenig so wie die Art von politischen Denken,
die ich eben bei viele Politikern kritisiere. (siehe letzter
Blogeintrag) Doch er meinte etwas das ich teile. Es sollte die
Entscheide öfter geben, auf jeden Fall, aber an den richtigen
Stellen. So sollten Bürger schon am Anfang als Beispiel entscheiden,
ob der Schienen oder der Straßenverkehr stärker ausgebaut wird. Die
Umsetzung geht danach vom Bund über Länder bis auf Regionalebene,
wo dann wieder mit den Bürgern vor Ort geredet werden muss. Eine
Volksabstimmung, bei der Norddeutsche über einen Schienenbau in
Süddeutschland entscheiden, entbehrt für mich auch ein wenig dem
Sinn.
Frage 4:Wie stehen sie zu der Idee
eines bedingungslosen Grundeinkommens?
Ohne zu zögern kam direkt die Antwort
das er emotional dafür ist. Dann kam aber das große Aber. Und hier
führte er nicht die Standartargumente wie Wirtschaft etc. an. Ihm
ging es darum, dass er glaubt das durch ein bedingungsloses
Grundeinkommen den wirklichen Sozialen Härtefälle, die bereits in
der zweiten oder dritten Generation Arbeitslos sind, nicht
zwangsläufig geholfen wird. Schon jetzt wird viel zu wenig für die
Einbindung dieser Leute in die Gesellschaft getan und er befürchtet,
dass diese dann gänzlich alleine gelassen werden. Er könnte sich
daher ein Grundeinkommen gekoppelt mit Ehrenamtlichen Tätigkeiten
etc. vorstellen. Ein Gedanke, der es Wert ist darüber Nachzudenken
meiner Ansicht nach.
Frage 5: Der Standort Flensburg kann ab
diesen Jahr mit dem Klimapakt, den ETA´s (Technischer Assistent für
Elektromobilität) und dem starken Umwelt und Energiestudienprogramm
an FH und Uni aufwarten. Inwieweit sollte dies vom Bund gewürdigt
und weiter unterstützt werden?
An dieser Stelle gab es ein kleines Lob
für Flensburg in seiner Antwort, was die zuhörenden Flensburger
natürlich gerne gehört haben. Grundsätzlich setzt er hier auf eine
Förderung von den ca. 100 vorbildlichsten Gemeinden, um auch einen
Anreiz zu geben hier wirklich sinnvoll zu fördern anstatt jeder
Gemeinde, die ein bisschen regenerative Energietechnik zubaut, zu
fördern.
Letzte Frage: Gibt es konkrete
Planungen der Grünen, ein Förderungssystem für die Erforschung von
Energiespeichern wie z.B. den Lageenergiespeicher zu etablieren?
Grundsätzlich auf jeden Fall, so seine
Antwort. Hier führte er auf, dass viele Anträge der Grünen zu
diesem Thema und anderen von der Regierung abgeblockt wurden. Er
hofft nun darauf, dass der Bundesrat der sich in Wirtschafts- und
Umweltausschüssen überwiegend einig ist bei solchen Dingen, auch im
Plenum dementsprechende Entwürfe durchsetzen kann um über den
Bundesrat mit Albig, Kretschmann und Weil druck auf die Regierung
auszuüben. Auch eine Verbindung mit dem Felxibilitätsmarkt brachte
er hier zur Sprache.
Fazit: Natürlich blieben die meisten
Antworten auf Gebieten, die man bei Verfolgung der aktuellen Politik
erwarten konnte. Dennoch merkte man im Gespräch sehr gut, dass Herr
Hofreiter hinter diesen Dingen auch steht und sie wirklich versucht
umzusetzen. Man hat vielleicht nicht die Paradelösung, aber man
arbeitet an Lösungen. Etwas das ich bei unserer Regierung seit
Jahren nicht gesehen habe. Als Person war mir der Herr Hofreiter sehr
sympathisch und ich hoffe ihn in meiner Politiklaufbahn noch das eine
oder andere mal zu treffen.